30 Jahre FPMG

Am morgigen Samstag steigt nun unsere große Party zu 3 Jahrzehnte FPMG Supporters Club. Die Zeitreise bildet den Höhepunkt der Feierlichkeiten. Wer noch spontan mitfeiern möchte, erhält in Fankluft der 80er Jahre Zutritt an der Abendkasse. Thomas Ludwig, 1. Vorsitzende des FPMG, lässt im Folgenden 30 Jahre voller Leidenschaft noch einmal Revue passieren:

 

Das, was wir heute als FPMG Supporters Club e.V. kennen, hatte seinen Ursprung ab etwa 1983 in der sogenannten „IG“, der Interessensgemeinschaft der Borussia Mönchengladbach Fanclubs. Damals gab es einen Stammtisch der Fanclubvorsitzenden, und diese diskutierten damals schon „von Fans - für Fans“ allerdings über ganz andere Belange mit dem Verein und der Polizei als heute. Zu dieser Zeit war Fußball alles andere als gesellschaftsübergreifende Unterhaltung. Gewalt war in den Stadien weit verbreitet und fast schon an der Tagesordnung. Das schreckte die sportbegeisterten Zuschauer immer mehr ab. Die Stadien waren entsprechend leer. Ein negativer Höhepunkt der Gewalt, die damals mit dem Begriff „Hooligans“ eng verbunden war, war die Stadionkatastrophe in Heysel 1985. Die leidenschaftlichen Fans, die sich von der Gewalt „ihren“ Sport nicht kaputt machen lassen wollten, schlossen sich seinerzeit zusammen, um mit einer inneren gewaltfreien Kraft der Randale entgegenzuwirken. „Stimmung ja, Randale nein“: DAS Motto zu dieser Zeit, aus der Überzeugung heraus, dass der Fußball sonst nicht mehr das leidenschaftliche Erlebnis bieten wird. Hohe Zäune, ggf. sogar Elektrozäune wurden damals als Sicherheitsmaßnahmen diskutiert. So hätte man die Fans, die pauschal damals alle als saufende Raufbolde vorverurteilt wurden, quasi im Stadion eingesperrt. Übrigens gab es hierzu in den 80er Jahren am Bökelberg einen kreativen Protest gegen die Zaunerhöhung: Ein Fan im Affenkostüm hat sich in den sonst leeren Block 16 gestellt, um gegen den Affenkäfig „Nordkurve“ zu protestieren…


Um die Stimme der gewaltfreien Fans zu stärken, wurde 1988 die Idee von den damals aktivsten Fanclubs umgesetzt, einen Verein zu gründen, um der Selbstregulierung „Von Fans – für Fans“ eine Basis zu geben. Das Fanprojekt Mönchengladbach e.V. war geboren. Auch in anderen Städten, wie z.B. Hamburg, Hannover oder Frankfurt, gab es in dieser Zeit solche Initiativen. Meistens waren angehende Sozialarbeiten oder Studenten die treibenden Kräfte. Zumeist auch verknüpft mit der Idee, vielleicht einer künftigen Berufung in diesem Neuland der Sozialarbeit nachgehen zu können. Denn der Staat hatte zwischenzeitlich auch gemerkt, dass immer höhere Zäune das Problem nicht lösen. Es wurde sogar mit unserer Unterstützung die BAG (Bundesarbeitsgemeinschaft) der Fanprojekte ins Leben gerufen. Aber wir hatten immer den feinen Unterschied zu den anderen Fanprojekten, dass wir mit unserer Vereinsstruktur eine unabhängige Fanorganisation aufgebaut haben und uns somit inhaltlich um die wichtigen Fanthemen der damaligen Zeit kümmern konnten. Die anderen Fanprojekte schauten immer erst danach, wie eine öffentliche Finanzierung auf die Beine gestellt werden konnte. Diese wichtigen Fanthemen zur damaligen Zeit waren das Thema Karten, insbesondere der organisierte Vorverkauf für Auswärtsspiele oder im Falle des Falles für Pokalfinalspiele oder internationale Spiele. Ebenso der regelmäßige Dialog der Fans mit dem Verein und nicht zu vergessen ein „Treuebonus“ in Form von vergünstigten Karten für „Block 16“, Rabatte auf Fanartikel und der kostenlose Bezug des FohlenEchos als Infoquelle um in einer internetlosen Zeit nah am Verein dran sein zu können. Großer Unterstützer in der Anfangszeit des FPMG war Helmut Grashoff. Er hat uns den Auftrag gegeben, in der selbstständigen unabhängigen Form die Fanbetreuung weiter aufzubauen. Verbrieft wurde das Ganze im Kooperationsvertrag zwischen Borussia und dem FPMG. Zudem erhielten wir damit den Status der einzig von Borussia anerkannten Dachorganisation aller Borussen Fans!


Nach der Maueröffnung und dem Gewinn der WM 1990 gab es neue unschöne Bilder im Zusammenhang mit dem Fußball. Die Auftritte der deutschen Nationalmannschaft im benachbarten Ausland (insbesondere in Benelux) wurden zum Teil von heftigen Ausschreitungen begleitet. Der Staat war nun zum Handeln gezwungen, weil nun nicht nur die öffentlich eher unbeachtete Nische des Vereinsfußballs betroffen war. Im Jahr 1992 kam daher der erste Entwurf des NKSS (Nationales Konzept für Sport und Sicherheit) auf den Tisch. Hier wurden Regeln zur Erhöhung von Sicherheit bei Fußballspielen veröffentlicht, u.a. über Stadionverbote und die bauliche Beschaffenheit der Stadien (Blocktrennung, Zaunhöhen). Zur Ausstattung der Fanprojekte wurde hier ebenfalls vieles auf dem Papier geregelt. Insbesondere die finanzielle Ausstattung der Fanprojekte über Stadt – Land – Fluss. äh – DFB, wurde hier als „Drittelfinanzierung“ beschrieben. Abseits von dieser Entwicklung hatten wir sportlich 1992 zum ersten Mal seit 1984 ein Finale erreicht. Der Kooperationsvertrag kam zum Tragen und das FPMG hatte Zugriff auf Endspielkarten für das Pokalfinale in Berlin. Das ließ natürlich die Mitgliederzahlen schnell in unerwartete Höhen schnellen. Dieser Boom stärkte uns natürlich den Rücken. Die Einflussnahme auf eine gewaltfreie Fanszene wuchs. Insbesondere, weil wir die Raute in den Mittelpunkt der Leidenschaft gerückt haben und politische Strömungen, egal ob aus der rechten oder linken Richtung, keinen Ankerpunkt in der Fanszene bekommen haben. Auf Basis dieser Neutralität konnte eine Fanszene zusammenwachsen, die kurze Zeit später den Verein über seine schwersten Stunden getragen hat. Aber dazu später mehr.

 

Bekanntermaßen haben wir das 1992 Finale im Elfmeterschießen verkackt. Die DM (Deutsche Meisterschaft der BMG Fanclubs) in Hahnstätten half beim Wunden lecken. Die komplette Mannschaft war angetreten und hat gegen eine Amateurauswahl aus dem hiesigen Fußballkreis gekickt, ist danach auf den Zeltplatz gekommen und hat sich den Fans gestellt. In der Vorbereitung gab es im Trainingslager Erbismühle in Ussingen ein weiteres vom FPMG organisiertes Fantreffen. Die Aufmerksamkeit auf die Aktivitäten des FPMG nahm von allen Seiten stetig zu. Statt saufender Raufbolde entdeckten die Außenstehenden in der Fanszene Mönchengladbach kluge und reflektierte Menschen, die in der Lage waren, mit ihrer Leidenschaft Werte in eine Fanszene zu vermitteln. Die Rolle der Dachorganisation wurde angenommen und gelebt. Dennoch gab es immer wieder die Frage, wie wir mit den Anforderungen aus dem NKSS umgehen. Auch ohne diese Drittelfinanzierung erreichten wir die Ziele eines Fanprojektes. Warum hätten wir also etwas ändern sollen? Als Thomas Schneider, heute Fanexperte bei der DFL, damals als Geburtshelfer für Fanprojekte mit seinem Musterkoffer bei uns klingelte, haben wir ihm brav zugehört und ihn nett verabschiedet mit dem Hinweis, dass wir auch so erfolgreich sind. Allerdings gab es 1994 in Teilen des Vorstandes des FPMG plötzlich Meinungen, dass wir nicht leichtsinnig auf die öffentliche Finanzierung verzichten und lieber unsere Unabhängigkeit dafür opfern sollten. Dieser Richtungsstreit mündete in einer legendären Kampfabstimmung auf der JHV in der Eickener Mehrzweckhalle. Die Mehrheit der Mitglieder sprach sich zu Recht für die Unabhängigkeit aus, und das FPMG konnte sich auf dieser Basis so entwickeln, wie wir es heute kennen.


Zurück zum Wesentlichen: dem Sport. Mit dem erneuten Erreichen des Pokalfinales 1995 gab es natürlich weiter Rückenwind für eine große Fangemeinschaft unter dem Dach des FPMG. Mit zwei Sonderzügen rollten wir damals in die Hauptstadt und brachten nach 16 Jahren wieder einen Pokal mit nach Mönchengladbach. In diesem Jahr konnten wir auch endlich unseren Traum einer eigenen Geschäftsstelle, unseren netten kleinen Fanladen am Eickener Markt, erfüllen. Somit hatten wir in der Stadt endlich unsere Basisstation, in der man fast täglich Borussia erleben konnte. Diese neue Euphorie rund um Borussia wusste der damalige Manager Rolf Rüssmann geschickt mit einer Vermarktungsstrategie zu koppeln. Die Tür zur Rückkehr in die glorreiche Zeit sollte weit aufgestoßen werden. Zwei neue Marketingstrategen wurden eingestellt, und diese versuchten den Verein, mit seinen bescheidenen Mitteln in einen modernen Club zu verwandeln. Leider auf Kosten der leidenschaftlichen Fans. Überteuerte Fanartikel von bescheidener Qualität wurden auf den Markt geworfen. Auf unsere Kritik in Bezug auf die überteuerten Preise wurde mit Häme „Wer nur Käfer fährt, kann sich halt keinen Mercedes leisten“ reagiert. Als dann noch darüber diskutiert wurde, das Logo zu verändern und die Raute moderner zu gestalten, wurde das Kriegsbeil ausgegraben. Rolf Rüssmann saß zu dieser Zeit zwischen den Stühlen. Er war bodenständig genug, um uns Fans zu verstehen, aber getrieben von der Angst, dass durch die Entwicklung der „Fleischtöpfe“ in den europäischen Wettbewerben (Einführung der Champions League) eine kritische Zeit bevorstand, in der es galt, den Anschluss nicht zu verlieren. Außerdem unterstützte uns Rüssmann weiter auf dem Weg, ein unabhängiges Fanprojekt zu bleiben und sich nicht dem NKSS zu beugen. 1996 wollte nämlich der damalige Innenminister Kniola unbedingt ein Fanprojekt nach NKSS Standard in Mönchenglachbach einrichten. Und so gab es Anfang 1997 einen historischen Moment im Landtag zu Düsseldorf, bei dem wir der Politik leidenschaftlich erklärt haben, was wir seit 1988 in Mönchengladbach aufgebaut haben. Der Gastauftritt von Rolf Rüssmann tat sein Übriges.

 

Die Unabhängigkeit war nun endgültig erreicht. Daher gab es zu dieser Zeit eine sehr enge Verbindung zwischen dem FPMG und Borussia. Es wurden viele interne Gespräche über die aus unserer Sicht Fehlentwicklung im Marketing des Vereines geführt, aber die Stimme der Fans wurde mehr und mehr ignoriert. Um einen Gegenpol zu bilden, schufen wir unsere eigene Fanartikelkollektion. So zeigten wir Borussia, was die Fans wirklich haben wollten. Ebenso ging es mit der Musik: Mit B.O. schufen wir eine eigene Fanband, die Musik „von Fans für Fans“ öffentlich machte und heutzutage aus dem Stadion nicht wegzudenken ist. Das Demotape von „Die Elf vom Niederrhein“ haben die besagten Marketingexperten verpönt… Im Jahr 1996 ist das Fass dann übergelaufen: Nach einer Hinrunde ohne Auswärtstor und schwächelnder Heimstärke rief die Marketingabteilung zu einer „3 Punkte Bastel-Aktion“ auf. Wir fühlten uns mehr als verarscht und organisierten eine „Fanaktion“ beim Spiel gegen den MSV Duisburg: Die ersten 5 Minuten drehte sich die komplette Nordkurve um und schwieg. Das war der Durchbruch im Verhältnis der gewachsenen starken Fangemeinschaft zu den Verantwortlichen von Borussia. So nicht! Deutlicher konnte es nicht zum Ausdruck gebracht werden.


Die sportliche Krise war jedoch schon so tief, dass es unaufhaltsam nach unten ging. 1998 in Wolfsburg noch von der Schippe gesprungen gab es in der Folgesaison den bitteren Abstieg in die 2. Liga. Die nach dem Pokalsieg eingeschlagene Marketingstrategie hinterließ 1999 einen Verein, der quasi mausetot war. Die Gemeinschaft der leidenschaftlichen Fans war jedoch stark genug, um diese Katastrophe auszuhalten. Mit „WIR sind Borussia“ sind wir gemeinsam durch das bittere Tal der Tränen gegangen und waren beim Neuaufbau des Vereines die einzige gesunde Basis. Die neuen Protagonisten der Borussia rund um Herrn Schippers haben schnell erkannt, wie wertvoll diese Fanbasis für den Verein ist, und haben ohne Abstriche die Kooperation mit uns fortgesetzt. Der sportliche Neuaufbau mit Hans Meyer als Trainer wurde von uns mit Freude mitbegleitet. Die Presse, die sich sehr schnell auf ihn eingeschossen hatte, wurde von uns aufs Korn genommen. Ein weiterer Fanprotest in der Nordkurve sprach hier eine deutliche Sprache. Im Stadionbau wurden wir aktiv über den AK Stadion eingebunden und konnten unsere Ideen (u.a. 14.000 Stehplätze im Unterrang der Nordkurve, möglichst niedrige Zäune, Block 16 wieder als zentralen Block der Nordkurve hinter dem Tor) einbringen. Der Umzug der Fans vom Bökelberg in den BORUSSIA-PARK im Sommer 2004 wurde von uns organisiert. Unsere neue Heimat fanden wir 2006 im FanHaus: Eine alte Militärbaracke wurde umgebaut, und es wurde etwas Einzigartiges von Fans für Fans erschaffen, für das uns viele Fanszenen beneiden.


Diese Jahre des gemeinsamen Aufbaues haben zwischen Borussia und dem FPMG ein besonderes Vertrauensverhältnis wachsen lassen, das viele fanrelevante Themen hinter den Kulissen unkompliziert regeln lässt. Die harmonische Außenwirkung zwischen dem FPMG und dem Verein darf hier nicht täuschen. Seit der WM 2006 entwickelt sich der Fußball in eine Richtung, die wir sehr kritisch mit den Vereinsvertretern losgelöst von „Fußballromantik“ auf Augenhöhe diskutieren. Einer Kommerzialisierung des Fußballs kann man sich nicht verschließen, allerdings dürfen die Auswirkungen nie dazu führen, dass die Leidenschaft der Fans unter die Räder kommt. Hierzu sehen wir uns als „Hüter unserer Fankultur“ verpflichtet. Mit diesem geschärften Blick auf die Realität des „modernen Fußballs“ waren wir 2011 in der Lage, mit unserer unabhängigen Fanszene zu bewerten, ob die „Initiative“ Fluch oder Segen für unsere Borussia ist. Hierbei ist allen nochmal deutlich geworden, dass sich unsere Leidenschaft für die Borussia nicht an Erfolgen oder Titeln festmachen lässt, sondern am Mythos der Fohlenphilosophie. Daher wurde sich mehrheitlich für den von Max Eberl eingeschlagenen Weg entschieden. Mit den nachfolgenden schönen Touren mit unserer Borussia in Europa wurden wir für unsere Weitsicht belohnt. 2013 gab es passend zu unserem 25-jährigen Jubiläum einen bitteren Meilenstein. Zur Feierlichkeit sprach der DFL-Repräsentant Thomas Schneider noch lobende Worte über unsere erfolgreiche Form des NKSS-unabhängigen Fanprojektes. Jedoch ist seit 2013 für das Finanzamt unsere Form der Fanbetreuung kein gemeinnütziger Tatbestand, so dass wir schweren Herzens unsere gemeinnützige Sozialarbeit, die wir unter „De Kull“ aufgebaut haben, aus unserem FPMG herausnehmen mussten und in einen eigenen Verein überführt haben. Die gewaltfreie Fankultur liegt uns trotz Entzug des sozialpolitischen Auftrages nach wie vor sehr am Herzen, auch wenn wir seitdem als FPMG Supporters Club die Rolle der Dachorganisation fortgesetzt haben.


Gespannt beobachten wir seitdem, wie sich der Fußball und unsere Gesellschaft weiterentwickeln. Ausgrenzung statt Integration wird leider immer mehr Einzug halten. Daher achten wir in letzter Zeit sehr auf die starke Gemeinschaft der Kurve. Die Entwicklung des Borussen-Kodex 2.0 wurde daher von uns in der letzten Sommerpause koordiniert. „Nur gemeinsam sind wir stark“ hat uns hier als Motto begleitet. Um unsere 30-jährige Leidenschaft für die Fanarbeit und für Borussia auch in den sozialen Medien stärker präsent zu machen, schlagen wir hier nun neue Wege ein. Auf diese Weise erhöhen wir unsere Reichweite. Denn eins ist Gewiss: Wir müssen die nachfolgenden Generationen erreichen und von unserer Leidenschaft begeistern. Nur dann hat der FPMG Supporters Club e.V. auch dauerhaft eine Zukunft.