Für die neue Spielzeit wurden viele gute Vorsätze genannt, einiges geändert und geplant: Vom neuen ins Leben gerufenen Stimmungsbereich der Nordkurve bis hin zur gewechselten Einlaufmusik. Aber was ist die Resonanz dieser, in der Sommerpause ausgefeilten Maßnahmen?
Im Grunde startete der Spieltag ebenso normal wie das erste Heimspiel einer neuen Saison nun mal sein kann: Viel Vorfreude nach der langen Dürrephase der Sommerpause, ein stolzer Blick zurück auf die vergangene Saison, auch wenn uns die Rückrunde einiges an Nerven abverlangt hat, und Neugierde auf das, was sich wirklich verändert hat. Wie schlagen die neuen Spieler ein, und wie kompensieren wir unsere Abgänge? Was macht der neue Trainer, und wie setzen unsere Spieler das Geforderte um? All diese Fragen habe wohl nicht nur ich mir gestellt. Umso befreiender war das Gefühl, in den Zug zu steigen und zu wissen: es geht endlich wieder los!
Da waren wir nun also, dieselbe Gruppe wie seit Jahren mit derselben Vorfreude, denselben Wünschen und Erwartungen. Das Faszinierendste für mich ist immer noch, Leute wiederzutreffen, die man die komplette Pause über nicht gesehen hat und doch wieder erkennt. Sich nen Ast ab zu freuen, sie endlich mit ‘nem Bier in der Hand da stehen zusehen, wo sie nun mal immer stehen. Denn so ist das bei uns: man kennt sich, und das ist auch gut so. Natürlich war auch dieses Spiel nicht frei von unseren geliebten Erfolgsfans, die gerade noch eine Karte auf dem Schwarzmarkt oder durch Freunde ergattern konnten. Also die wenigen, die behaupten, schon seit Jahren auf ein und demselben Platz zu stehen, die aber leider keines unserer Lieder kennen und schließlich nicht ins Stadion gehen, um rum zu blöken, sondern um Fußball zu gucken. Umso unverschämter ist es natürlich, dass die übrigen Fans mit ihren Gesängen und Fahnen die perfekte Wohnzimmer Atmosphäre stören. Wie gesagt: bis hier hin nichts Neues.
„Was haltet ihr denn von dem Wechsel der Einlaufmusik?“ war wohl die Frage, die die Gruppe am meisten beschäftigt und in ihrer Meinung teilt. Auf der einen Seite jene, die sich die Zeiten des Bökelberges zurück sehnen: 90 Min Vollgas für den Verein, ohne sich vom Handy ablenken zu lassen, eine Zeit, in der es noch ein Privileg war, Teil des Mythos zu sein, eine Rückkehr zu Tradition, denn auch dort wurde bekanntlich „die Elf vom Niederrhein“ vor der Mannschaftsaufstellung gespielt. Auf der anderen Seite diejenigen, die gerade „die Seele brennt“ für ein zu sentimentales Lied halten, um es vor Spielbeginn zu singen ganz nach Dick Advocaat´s Motto: „dem Gegner sollen die Knie schlottern“. Das passt einfach nicht, hört man immer wieder.
Gut 15 Jahre war die Elf vom Niederrhein unser Einlauflied, und es ist definitiv kein Geheimnis, dass auch hier ein deutlicher Rückgang von mitsingenden Fans spürbar ist, wenn nicht gerade einer der großen Mannschaften zu Gast ist. Also warum nicht mal was Neues machen und Traditionen trotzdem bewahren? Warum nicht mit der Zeit gehen und unseren Emotionen freien Lauf lassen? Schlottern dem Gegner denn etwa nicht die Knie, wenn er einfach gnadenlos an die Wand gesungen wird und in einem Meer aus Schals und Fahnen untergeht? Ja es ist wohl eines der schönsten und sentimentalsten Lieder. Aber das ist doch gerade der Grund für uns, ins Stadion zu gehen: Die Verbundenheit zu seinem Verein ganz offen und ehrlich zu zeigen.
Wie bei allen Änderungen braucht auch diese ihre Zeit, doch das, was im ersten Heimspiel abgeliefert wurde, war ein beeindruckender Fingerzeig in die richtige Richtung. Generell war die Stimmung phasenweise mehr als anständig. Es konnten weitaus mehr Fans motiviert und mobilisiert werden als bei diversen Spielen der vergangenen Saison. Ob es nun am ersten Heimspiel lag, das glücklicherweise noch den „Topspielbonus“ bekam oder am Stimmungsbereich, ist wohl unmöglich abzugrenzen. Es muss weiter beobachtet werden. Meiner Meinung nach gehört der ganzen Nordkurve der Stempel „Stimmungsbereich“ aufgedrückt. Dies sollte jedem Nordmann/-frau/-Diverse klar sein. Denn sie ist der Grundpfeiler und somit Blickpunkt und Fokus des Stadions. Wir können nicht verlangen, dass sich die Spieler den Arsch aufreißen, Emotionen zeigen und bis zum Umfallen kämpfen, wenn wir nicht Gleiches für sie und den Verein tun. Also sollte sich jeder die Frage stellen: warum stehe ich in der Nordkurve? In diesem Sinne „Lott jonn!“