Die gestrigen Geschehnisse zu Beginn der zweiten Halbzeit schlugen hohe Welle und werden in den kommenden Tagen bei der Borussia und innerhalb der Fanszene aufgearbeitet. Im Vorfeld der anstehenden Gespräche führten wir ein Interview mit Thomas Ludwig, dem Vorsitzenden des FPMG Supportersclub:
Thomas, wie stehst Du zur Aktion?
Thomas: Auf den Misstand der Kollektivstrafen hinzuweisen ist erst einmal legitim. Allerdings muss man gerade nach den Ereignissen in dieser Woche genau überlegen, in welcher Form dieser Protest umgesetzt wird. Der Doppelhalter mit der Person im Fadenkreuz erzeugte in der aktuellen Situation einen völlig anderen Kontext, als sich die Protestler vermutlich dabei gedacht hat. Das zugehörige Plakat war für die Fans in der Nordkurve gar nicht zu sehen, sondern nur der Doppelhalter. Das dann die eigene Szene die “Ultra raus” Rufe anstimmt, ist eine normale Reaktion auf den Borussenkodex.
Aus diesen Reaktionen wurde gestern vorschnell abgeleitet, es gebe nun einen Riss in der Fanszene. Was ist Deine Meinung dazu?
Thomas: Die traditionelle Fanszene und die Ultrakultur haben von Grund auf verschiedene Weltbilder, was stimmungsvolle Fankultur ausmacht. Es gibt grundsätzlich jedoch in unserer Fanszene eine große Schnittmenge in den Bildern, allerdings erleben wir an einem bestimmt Grenzbereich in der letzten Zeit Dinge, die nicht mehr übereinander passen. Gewalt und die Verherrlichung von Gewalt darf nie zum Aushängeschild unserer Fanszene werden. Ich würde es somit nicht als Riss bezeichnen, sondern als klares Bekenntnis der traditionellen Fanszene zur gewaltfreien stimmungsvollen Kurve, zu der wir uns im Borussenkodex verständigt haben.
Wie geht es jetzt weiter?
Thomas: Bisher ist es durch interne Gespräche immer gelungen, die Grenzübertritte mit allen Fangruppen zu reflektieren und eine Sensibilität zu dem Thema herzustellen. Eine deutliche Abgrenzung zu Straftaten und Gewalt , so unser Ansatz der Selbstregulierung, muss immer von innen kommen. Denn die einzige Alternative ist, dass die Abgrenzung von außen kommt, z.B. durch Stadionverbote. Aber diese Sanktion trifft nicht immer die richtigen, und somit appelliere ich an der Stelle noch mal an alle Fangruppen, sich klar zumachen, dass Gewalt in unserer Kurve keinen Platz hat.