Adventskalender 2020 - Eigentörchen 9

 

 

 

Eigentörchen zum Advent


Ein Stadtplan Madrid

 

 



Den hätten viele tausende Gladbachfans heute gerne in den Händen gehalten, aber: „Hätte – Hätte – Fahrradkette!“ Dennoch ist heute das Thema Real Madrid. Neun Tore hat Borussia bisher in seinen Heimspielen gegen Real Madrid geschossen. Auswärts bisher nur eins. Aber hoffentlich kommen heute noch welche dazu. Es dürfte nur kein Niederländer pfeifen… Genug sportlich gefachsimpelt.  Nun wird es wieder fan-emotional:


Ich kann nicht mehr genau erinnern, wann es war, aber von meinem Sandkastenfreund wurde mir vermutlich in meinem vierten Lebensjahr die alles entscheidende Frage meines Lebens gestellt: „Bayern oder Gladbach?“ Ohne zu wissen, was und wo Gladbach überhaupt ist, ich wohnte in einem kleinen Dorf im Taunus in der Nähe von Limburg an der Lahn, habe ich mich vom Schicksal gelenkt für Gladbach entschieden. Da er ebenfalls Gladbach gut fand, stand auch der weiteren Freundschaft nichts im Wege.


Jahre später, genauer gesagt im Spätherbst 1985, war aus der Schicksalsfrage meiner Kindheit eine unkündbare Leidenschaft für Borussia geworden. Mit sage und schreibe 5:1 fegten wir damals im Achtelfinale des UEFA-Cups die Königlichen aus dem Düsseldorfer Rheinstadion. Damals vor dem Fernseher feierte ich den großartigen Sieg. 14 Tage später erlebte ich, was es heißt, Fan von Borussia zu sein: Von „Himmelhoch jauchzend“ bis „Zum Tode betrübt“ ist es immer nur ein kurzer Moment. 0:4 hieß es am Ende im Estadio Santiago Bernabéu. Das letzte Tor fiel in der 89. Minute. Entsprechend betrübt ging ich am Folgetag in die Schule und traf zufällig meinen Freund aus der Kindheit. Er fluchte nur vor sich her und beschloss, sich einen anderen Verein zu suchen als diese lächerliche Borussia.

  
Aber ich blieb standhaft, lebte mit diesem Schmerz der Niederlage. Denn Borussia ist mehr als nur ein Verein, mit dem man Erfolge feiert. Borussia ist eine Lebenseinstellung, die eine gewisse Leidenschaft verkörpert. Dennoch ließ mich die Frage „Wie konnte es dazu kommen, diese hervorragende Ausgangsposition noch zu vergeigen?“ lange Zeit meines Lebens nicht los.


Erst am 29.11.2001 kam etwas Licht ins Dunkle. Im Fanladen hatten wir Uli Sude und Christian Hochstätter zu Besuch beim „Nachspiel“. Unter den vielen Anekdoten aus den 80er Jahren, wurde auch über das Rückspiel in Madrid von den beiden Spielern berichtet. Schon beim Gang durch den Spielertunnel wurden sie von den Königlichen beschimpft und bespuckt. Zwar trennte ein Zaun die beiden Mannschaften, aber die einschüchternde Wirkung war nicht zu leugnen. Im Stadionrund bildeten 93.000 Zuschauer ebenso eine ohrenbetäubende Kulisse.


Sie hatten damals einfach zu viel Respekt…


Die beiden Borussen erzählten dann auch noch, wie Jupp Heynckes mit der Situation nach dem Spiel umgegangen ist: Nachdem er 14 Tage gar nicht mit ihnen gesprochen hatte, mussten die Spieler einzeln zum Rapport antreten. Im August 2006 konnte ich Jupp Heynckes ebenso beim „Nachspiel“ hierzu befragen, und wir konnten die Geschichte aus seiner Perspektive hören.


2007 schließlich konnte ich im Rahmen einer Stadionführung im Estadio Santiago Bernabéu den Ort des Grauens inklusive Spielertunnel mit Zaun anschauen. Die Fotos hierzu will ich euch nicht vorenthalten.

 

 


Dann wünschen wir unseren Borussen einen kühlen Kopf bei der schweren Aufgabe heute Abend im letzten Gruppenspiel der Champions League. Statt Hexenkessel gibt es ja ein Geisterspiel, und zusammen einlaufen dürfen die Spieler ja auch nicht.