Erklär mir den Fußball - heute Russland

Die Vorfreude auf die Champions League ist bei allen Borussen-Fans riesengroß. Schließlich stehen uns wieder interessante Reisen quer über den Kontinent ins Haus. Nicht so groß dürfte jedoch die allgemeine Begeisterung bei einem bestimmten Reiseziel sein. Viele sagen: „Hoffentlich spielen wir bloß nicht in Russland!“ Ja, das ist nun mal leider nicht um die Ecke, und wahrscheinlich würde hier tatsächlich nur der harte Kern mitreisen.


Heute schauen wir uns einmal an, was dieses - bei vielen eher unbeliebte Land - in Sachen Fußball so alles zu bieten hat. Schließlich weiß man hierüber deutlich weniger als über „klassische“ Fußballstaaten wie England, Spanien oder Italien.

Es gibt im russischen Profifußball momentan drei Ligen. Angeführt werden diese von der Premjer-Liga, die 2001 gegründet wurde und 2002 die russische oberste Division ablöste. Zuvor hieß die höchste Spielklasse Russlands seit dem Ende der UdSSR von 1992 bis 1997 Oberste Liga. Unter der Premjer-Liga siedelt sich die 1. Division an, die seit 1994 als landesweite Profiliga organisiert ist. Während in der höchsten Spielklasse 16 Mannschaften vertreten sind, kicken hier derzeit 22 Teams. Von der Premjer-Liga steigen zwei Mannschaften in die 1. Division ab. Die 2. Division, wie sich die 3. Liga in Russland nennt, ist in fünf Regionalzüge aufgeteilt: Ost, West, Süd, Zentral und Ural. Hier führen wirtschaftliche Gründe dazu, dass die Anzahl der teilnehmenden Mannschaften zwischen 12 und 19 schwankt. Während es zwischen 1994 und 1997 noch eine weitere Profiliga gab, fängt unter der 2. Division mittlerweile der Amateurbereich an.

 

Die Vereine der drei höchsten Ligen spielen den russischen Pokal unter sich aus.

Am interessantesten ist wohl ein genauerer Blick auf das russische Pendant der 1. Bundesliga: Die Premjer-Liga, in der z.B. Zenit Sankt Petersburg  (amtierender Meister) oder Spartak Moskau (Rekordmeister) vertreten sind.
Spartak Moskau hat für einen unserer Borussen sogar eine besondere Bedeutung. Martin Stranzl wechselte im März 2006 in die russische Hauptstadt, wurde dort dreimal Vizemeister, erreichte einmal das Cupfinale und spielte auch in der Hauptrunde der UEFA Champions League. Im Jahr 2010 zog es auch einen anderen deutschen Kicker nach Moskau. Und zwar Kevin Kuranyi. Er steht jedoch bis heute bei Spartaks Konkurrenten FK Dynamo Moskau unter Vertrag.
 
Bis einschließlich 2010 gab es einen riesengroßen Unterschied im Vergleich zur Bundesliga und zu anderen europäischen Ligen: Die Saison orientierte sich am Kalenderjahr und dauerte somit von März bis November eines Jahres. Nach der Zuteilung der WM 2018 an Russland, musste dieses System jedoch geändert werden und nun spielt man auch dort von Herbst bis Frühjahr. Wegen der Umstellung wurde die Saison 2011/2012 nach den regulären Hin- und Rückrunden noch um so eine Art Play-offs erweitert und dauerte daher von März 2011 bis Mai 2012. In dieser Spielzeit wurden insgesamt  44 Spieltage gespielt. Neben den 30 Spieltagen der regulären Saison in Hin-u. Rückrunde gab es dann noch 2 Playoff-Runden um die Meisterschaft bzw. gegen den Abstieg. Die Liga wurde einfach in 2 Hälften geteilt. Die ersten 8 Mannschaften spielten dabei erneut mit Hin- und Rückspiel den Meister und die Qualifikationsplätze für die europäischen Wettbewerbe aus. Die hinteren 8 Mannschaften hingegen spielten im selben Modus die beiden Absteiger und die Relegationsplätze aus. In beiden Play-Off-Runden wurden dabei  die Punkte und Tore aus der ursprünglich gespielten Runde übernommen. Somit wird seit der Saison 2012/13 die Meisterschaft von August bis Mai gespielt!

Auch in Russland gibt es die Relegation. Die letzten beiden Mannschaften steigen, genau wie in der Bundesliga auch, direkt ab. Zittern müssen dort aber anders als bei uns sogar 2 Vereine. Sie haben in Hin- u. Rückspiel jeweils noch die Chance den Abstieg zu vermeiden. Der 13. der Premjer-Liga spielt gegen den 4. der 1. Division und der 14. gegen den jeweils 3. Die Tordifferenz hat in den russischen Ligen keinerlei Bedeutung. Im Falle von Punktgleichheit zählt die Anzahl der Siege, dann der direkte Vergleich.

Die Nationalmannschaft, die wie so oft in einem (ehemals?) totalitären Staat sehr gefördert, aber auch sehr unter Erfolgsdruck gesetzt wurde, ist bislang oft mit viel Hoffnung, jedoch selten mit entsprechendem Erfolg bei den großen internationalen Turnieren angetreten. Als Sowjetunion gewann man 1960 die Europameisterschaft. 1992 trat man als GUS (Gemeinschaft unabhängiger Staaten) an. Seit es aber die russische Nationalmannschaft auch unter diesem Namen gibt, war der Halbfinaleinzug bei der EM 2008 der bislang größte zu verbuchende Erfolg.