Bei Regen kam man am Mittwochabend im Stadion an. Vielleicht passend zum derzeitigen Gemütszustand der meisten Borussen. Die letzten Tage hatten schließlich ihre deutlichen Spuren hinterlassen. Wie man aus einigen Gesprächen vor dem Spiel jedoch entnehmen konnte, hatte der positive Auftritt von Andre Schubert bei der Pressekonferenz am Dienstag Mut gemacht. Mut, die Uhren auf null zu stellen, nicht auf Fehlern rumzureiten, sondern nur noch nach vorne zu blicken.
Wir starten die Saison einfach nochmal neu - eine neue Zeitrechnung, nach Favre. Auch wenn sich viele unter uns die Trainerbank nicht mehr ohne unseren Lucien vorstellen können, so musste es doch trotzdem weitergehen. Also, im wahrsten Sinne des Wortes "Regenjacke anziehen" und sich gegen das, was auf einen einprasselt, wehren. Na dann mal los.
Die Begrüßung der Mannschaft und des neuen Trainers war eindeutig: Lautstarker Support von Beginn an - sowohl von der Nordkurve als auch vom gesamten Heimpublikum. Ein klares Zeichen der Fans, die mit geballter Power hinter dem Team standen. Es war nichts mehr zu merken von Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedlichen "Lagern" in der Fanszene - alle standen mit geballter Power als 12. Mann hinter dem Team und bildeten eine große schwarz-weiß-grüne Einheit.
Und was dann geschah, gleicht schon fast einem Wunder. Spritzigkeit und attraktiver Angriffsfußball überraschten selbst die Optimisten unter uns. Und als man sich noch fragte, ob das da wirklich die gleiche Mannschaft war wie in den letzten Spielen, hieß es auch schon 1:0. Den Torjubel zum ersten Treffer würde ich als einen der Besonderen charakterisieren. Man spürte regelrecht, wie ein zentnerschwerer Ballast von uns Fans abfiel, und wie sich alle die Erleichterung einfach nur von der Seele schrien. War jetzt vielleicht endlich der Knoten geplatzt? Die Antwort darauf folgte dann ja relativ schnell. Das 4:0 sahen einige sogar gar nicht, weil sie noch mit dem Torjubel von Lars Stindls Traumreffer beschäftigt waren. Natürlich zog man Parallelen zum Torschützenfest Lewandoskis am Vorabend. Aber: Wir brauchen keinen "Man of the match" - Borussia war das "Team of the match". Bei uns ist eben die Mannschaft der Star! Selbst der Schiedsrichter konnte uns den Abend mit seinen zwei Elfmetern nicht mehr verderben…
Viele Borussen an den Fernsehern werden sich sicher geärgert haben, diese Glücksmomente nicht live im Stadion miterlebt zu haben - so lag die Zuschauerzahl am Mittwoch schließlich gerade mal bei knapp 40.000 Personen. Aber - ohne alle über einen Kamm zu scheren - vielleicht ist das auch gerade gerecht, dass die belohnt wurden, die auch zu einer späten Uhrzeit unter der Woche bei ungemütlichem Wetter in einer schlechten sportlichen Situation gekommen waren, um Borussia zu unterstützen.
Natürlich kamen auch im Block die Fragen auf, "Wie kann das sein?", "Was ist denn da passiert?" etc. Eine Antwort hat wohl keiner. Ich bin nur schon froh, dass keiner - zumindest wie ich mitbekommen habe - die These aufgestellt hat, dass die Mannschaft in den letzten Wochen gegen den Trainer gespielt hätte. Ich glaube, das Spiel gestern hat vielmehr gezeigt, dass neue Impulse manchmal einfach belebend und erfrischend sind - ohne das Alte abzuwerten.
Mein absolutes Highlight am Mittwochabend war das gemeinsame Singen unserer Hymne "Die Seele brennt" am Ende bzw. nach der Partie. Gänsehaut pur!!! Das ist Borussia!!! Ein krönender Abschluss eines besonderen Abends!
Vor lauter Freude über die ersten drei Punkte der Saison sollen die Plakate und netten Botschaften vieler Fans für Lucien Favre nicht unerwähnt bleiben. Worte des Dankes an einen ganz Großen!