Erklär mir den Fußball: Heute Algerien

Wenn es danach gehen würde, Algerien auf der Landkarte zu finden, bin ich sicher, das würden die meisten von uns noch hinbekommen: Nordafrika, zwischen Marokko und Tunesien am Mittelmeer gegenüber von Malle gelegen, Hauptstadt Algier. Beim Fußball in Algerien hören wir nach der WM 1982 und dem in den letzten Tagen oft bemühten Spiel in Gijón aber schon wieder auf, abgesehen davon, dass Karim Matmour und Zinedine Zidane zumindest algerische Wurzeln haben, aber nur einer hat für Borussia gespielt.


Algerien hat 32 Mio. Einwohner und ist nach der Teilung des Sudans das größte Land des Kontinents, allerdings wird der meiste Teil von der Sahara dominiert. Das Land ist erst seit 1962 unabhängig von Frankreich und dementsprechend jung ist auch die Geschichte des algerischen Fußballs. Allerdings spielten bereits in den 30er Jahren algerische Kicker in der französischen Liga eine wichtige Rolle. Die höchste Klasse des Landes, die „ Algérian Ligue Professionnelle 1“, feierte in der Saison 2013/14 ihr 50. Jubiläum, die Bundesliga ist also auch nicht viel älter. Die Liga besteht aus 16 Teams und geht von August bis Mai. Jeder spielt zweimal gegen jeden, der erste ist Meister und darf ebenso wie der Zweitplazierte an der Vorrunde der CAF Champions League teilnehmen, der Dritte nimmt an den Play-Offs des CAF Confederation Cup teil, die letzten drei steigen ab. Aktueller Meister ist USM Alger, übrigens auch der erste Meister der Saison 62/63. Rekordmeister mit 14 Titeln ist allerdings JS Kabylie, zweimal konnten sie auch bereits die Champions League des Kontinentes gewinnen.

Die meisten Stadien des Landes sind für unsere Verhältnisse - nicht überraschend - eher klein und fassen so um die 20.000 Zuschauer. Das "Stade 5 Juillet 1962", dem algerischen Unabhängigkeitstag, bietet allerdings 66.000 Zuschauern Platz und war auch Spielort der Afrikameisterschaft 1990. Am 21. September 2013 ereignete sich ein aber leider ein Unglück im Stadion. Zehn Minuten vor dem Ende des Derbys zwischen MC Alger und USM Algier brach auf dem Oberrang der Haupttribüne ein Teil des Betonbodens weg. Durch das entstandene Loch stürzten zwei Besucher in die Tiefe, welche in der Folge dessen zu Tode kamen. Am Tag darauf sperrten die Behörden das Stadion, bis die Unglücksursache wie Überbelastung oder marode Bausubstanz geklärt ist. Im Januar 2014 wurde angekündigt, das Stadion ab Sommer 2014 einer umfassenden Renovierung zu unterziehen.

 

Die algerische Nationalmannschaft trägt den Spitznamen „die Wüstenfüchse“ und qualifizierte sich viermal (1982, 1986, 2010, 2014) für die Endrunde der Fußballweltmeisterschaft. Als ihre Geburtsstunde gilt der 2:1-Sieg über Bulgarien am 6. Januar 1963. Allerdings hatte sie zwischen 1958 und 1962 in der „Fußballauswahl des FLN“ einen sehr aktiven Vorläufer, und bereits davor spielten Auswahlmannschaften der damaligen französischen Départements Algier, Oran, Constantine und Bône gegen Nationalmannschaften anderer Staaten. Den höchsten Sieg feierte das Team im August 1973 mit einem 15:1 gegen den Südjemen, die höchste Niederlage war ein 5:0 im April 1976 in Cottbus gegen die DDR. Als größter Erfolg zählt der Gewinn der Afrikameisterschaft im eigenen Land 1990, als man Nigeria im Endspiel 2:1 besiegen konnte.

Über das unglückliche Ausscheiden 1982 wurde in den vergangenen Tagen bereits genug geschrieben und geredet, beim aktuellen Turnier ist es dem Team jetzt erstmals gelungen, die Gruppenphase zu überstehen, immerhin vor Russland und Südkorea. Nach den bisherigen Ergebnissen gegen die DFB-Elf müssten man die Wüstenfüchse als klaren Favoriten betrachten. 1964 konnte man in Algier 2:0 gegen Deutschland gewinnen und in der WM-Vorrunde 1982 mit 2:1. Die Spiele gegen die ehemalige DDR (vier Stück) hingegen gingen bis auf ein 1:1 allesamt verloren. Unser ehemaliger Spieler Karim Matmour durfte bei der WM  in Südafrika noch alle drei Vorrundenspiel gegen Slowenien, England und die USA bestreiten, 2012 hat er allerdings seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet.

 

Außer den Ersatztorhütern spielt auch keiner der aktuellen Nationalspieler in der heimischen Liga, die meisten stehen bei europäischen Teams unter Vertrag. Bei Inter Mailand spielt z.B. Saphier Taïder, dessen Mutter aus Algerien und dessen Vater aus Tunesien stammt. Er lief in mehreren Jugendmannschaften seines Geburtslandes Frankreich auf, entschied sich dann jedoch gegen den französischen und für den algerischen Verband, während sein Bruder Nabil für die tunesische Nationalmannschaft spielt.

 

Wenn es so etwas wie einen Star im Team gibt, dann ist es am ehesten der Trainer Vahid Halilhodžić. Er begann seine Profikarriere im Jahre 1968 bei Turbina Jablanica (Jugoslawien / Bosnien-Herzegowina), wo er drei Jahre lang spielte. Danach folgte der Wechsel zu Velež Mostar, wo er als Topstürmer bekannt wurde. In 10 Jahren absolvierte er 209 Spiele und erzielte dabei 106 Tore. 1981 wechselte er zum französischen Verein FC Nantes. Dort zeigte er sich genauso treffsicher wie zuvor bei Velež Mostar. Bei Nantes bestritt er 163 Spiele und schoss 93 Tore. Am Ende wurde er zweimal Torschützenkönig (1983 und 1985) in Frankreich und gewann die Meisterschaft im Jahr 1983. Von 1986 bis 1987 spielte er für Paris Saint-Germain, wo er nur 18 Spiele absolvierte, jedoch acht Tore schoss.

 

In der Weltrangliste steht Algerien auf Platz 22, kampflos werden sich die bislang unbequem auftretenden Wüstenfüchse aber nicht ergeben.