Erklär mir den Fußball: Heute Frankreich

Kicken ist mittlerweile in Frankreich die populärste Sportart, allerdings ist die Popularität des Fußballs vergleichsweise jungen Datums. Rugby, Boule und der Radsport lagen in der Gunst der Franzosen bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg vorne. So spielten zahlreiche Fußballvereine bis in die 1990er Jahre noch im Innenraum von Radrennbahnen, was wir in Marseille im Stade Vélodrome ja selber bemerken konnten.


Aber so richtig beschäftigt mit dem französischen Fußball haben sich bisher wohl nur die Hopper unter uns. Und auch an dieser Stelle können wir nur einen kleinen Einblick und einen Ausblick auf das Viertelfinale liefern, neben ein paar Besonderheiten.

So gab es um 1900 mehrere Verbände, die jeder einen französischen Meister ausgespielt haben, so dass es bis zu vier Meister geben konnte, kennt man heute noch vom Boxen. Nach dem ersten Weltkrieg gab es den ersten landesweiten Pokalwettbewerb. Die FFF (Fédération Française de Football) gründete sich 1919, die Ligue 1 wurde aber erst 1932 (als Divison 1) ins Leben gerufen. Der erste Meister war der heutige OSC Lille. Heute zählt die französische Liga zu den fünf stärksten in Europa, und auch einige europäische Titel gingen bereits an die Grande Nation.

Rekordmeister ist mit 10 Titeln der AS Saint-Étienne, die sie aber in den 60ern und 70ern holen konnten. Ende der 80er dominierte Olympique Marseille das Geschehen unter Präsident Bernard Tapie, bis diese Blase in der Saison 92/93 platzte, O.M. der Titel aberkannt und kein Meister gekürt wurde. In dieser Zeit spielte u.a. auch Rudi Völler für den Verein, 1996 wechselte Andy Köpke zum Klub. Ab 2001 begann dann die Vorherrschaft von Olympique Lyon, als sie sieben Titel in Folge erringen konnten, Momentan macht sich Paris Saint-Germain daran, mit hohem finanziellen Aufwand eine ähnliche Serie zu starten.

Die Geschichte der Équipe Tricolore beginnt im Jahre 1904 mit ersten offiziellen Länderspielen. Jules Rimet war ab 1919 Verbandspräsident und hatte gemeinsam mit Enrique Buero aus Uruguay die Idee, eine Weltmeisterschaft aus der Taufe zu heben. Ihrem geistigen Vater zu Ehren wurde die Trophäe, die bis 1970 als Wanderpokal weitergereicht wurde, 1950 „Coupe Jules Rimet“ genannt. Nach dem dritten Gewinn der Brasilianer bei der Fußballweltmeisterschaft 1970 in Mexiko ging dieser Pokal ganz in den Besitz Brasiliens über, wurde aber mittlerweile gestohlen.

Die erste goldene Generation entwickelte sich in den 50er Jahren. Beim Weltturnier 1958 in Schweden wurde man Dritter, bei der Just Fontaine die bis heute gültige Bestmarke von 13 Toren in einem Turnier erreichte. Anschließend fiel man aber wieder in die Zweitklassigkeit zurück und konnte sich erst 1982 wieder in den Blickpunkt spielen, als man im Halbfinale gegen Deutschland ausschied, über dieses Spiel wird in diesen Tagen natürlich allerorten berichtet.

Die Europameisterschaft im eigenen Land 1984 brachte dann den ersten Titel, nicht nur die Älteren werden sich Jean Tigana, Michel Platini und Didier Six erinnern. Bei der WM 1986 in Mexiko wurde das Team noch Dritter, um dann aber wieder in einen Dornröschenschlaf zu fallen. Erst wieder in Frankreich bei der WM 1998 war man dann soweit, um den Titel zu holen und zwei Jahre später auch den EM-Titel. Die Franzosen brauchen wohl immer ein paar Jahre, um ein erfolgreiches Team aufzubauen. Star dieses Teams war Zinédine Zidane, aber auch die anderen Spieler lesen sich wie ein Who-is-who des Spitzenfußballs. Trotzdem schied man 2002 als Titelverteidiger in der Vorrunde ohne Tor mit nur einem Punkt kläglich aus. Das WM-Endspiel 2006 war dann das letzte an der Weltspitze und der Abgang des dreimaligen Weltfußballers Zidane.

In der Qualifikation für Brasilien wurden die Franzosen Zweiter hinter Spanien und mussten somit in die Play-Offs gegen die Ukraine. Das Hinspiel ging 2:0 verloren, im Rückspiel gelang aber ein 3:0. In den Spielen der Gruppe E konnte Honduras relativ sicher mit 3:0 bezwungen werden, gegen die Schweiz führte man bereits 5:0, ehe Džemaili und Xhaka noch auf 5:2 verkürzen konnten. Wie die meisten Teams tat sich auch die Équipe Tricolore im Achtelfinale sehr schwer, erst in den letzten Minuten fielen die Treffer zum 2:0.

Am morgigen Freitag wird um 18:00 Uhr im berühmten Maracanã in Rio das Viertelfinale gegen das DFB-Team angepfiffen. Die DFB-Auswahl gehört zu Frankreichs häufigsten Gegnern (25 Spiele). Die Gesamtbilanz dieser Spiele ist mit elf Siegen, sechs Unentschieden und acht Niederlagen positiv. Bei WM-Endrunden gab es bisher drei Aufeinandertreffen, von denen die Bleus 1958 das Spiel um Platz drei gewannen, 1982 - erst im Elfmeterschießen - und 1986 jeweils im Halbfinale aber unterlagen. Vor über 83 Jahren, am 15. März 1931, traf Deutschland erstmals auf Frankreich. Die Équipe Tricolore gewann den ersten Vergleich mit 1:0. Alle anderen wichtigen und unwichtigen Informationen werden wir in den Stunden bis dahin noch oft genug präsentiert bekommen. Und mal sehen, evtl. kommen zu den 11 Minuten von Christoph Kramer ja noch ein paar dazu.