Erklär' mir den Fußball: Heute Schottland

Geschrieben von Börnie   
Freitag, 28. Juni 2013

Unsere Borussia ist ein gern gesehener Gast, nicht nur in der Bundesliga oder im Pokal, nein, auch in Europa. Friedlich, reiselustig, feierfreudig und trinkfest, von wem kann man das sonst noch in Europa behaupten? Richtig, von den Anhängern der schottischen Nationalmannschaft. Und da wir in der Vorbereitung zur Saisoneröffnung bei Celtic Glasgow zu Gast sein dürfen, ist das doch genau der richtige Anlass, mal einen Blick auf den „Scottish Football“ zu werfen, auch wenn Teile unserer aktiven Fanszene da mehr Ahnung haben als ich.

Das erste Länderspiel einer schottischen Auswahl war zugleich das erste offizielle Länderspiel in der Geschichte des Fußballs: Das Spiel zwischen einer schottischen und einer englischen Auswahl, das am 30. November 1872 stattfand, endete vor rund 4000 Zuschauern mit 0:0. Die schottische Mannschaft bestand ausschließlich aus Spielern des Queen's Park Football Club (Heimatverein von Sir Alex Ferguson), dem ältesten Fußballverein Schottlands, der am 9. Juli 1867 gegründet wurde.

Trotz dieser wahrlich langen Tradition hat es die Nationalmannschaft nie zu beachtenswerten Erfolgen geschafft. Selbst Wikipedia, von wo viele der Informationen stammen, führt keine Rubrik „Erfolge“, was aber dem Team wirklich nicht gerecht wird.

Denn Schottland nahm an acht Weltmeisterschaften teil, überstand dabei aber nie die Vorrunde und führt damit die Rangliste des Ausscheidens in der 1. Runde an. Schottland war die erste Mannschaft, die bei einer WM (1974) ungeschlagen ausschied. Und noch ein wenig Tragik gefällig: Während des letzten Qualifikationsspiels zur WM 1986 gegen Wales erlitt der ehemalige schottische Nationaltrainer Jock Stein einen Herzinfarkt, an dem er verstarb. Und zur aktuellen Quali für Brasilien war Schottland die erste europäische Mannschaft, die sich rein rechnerisch nicht mehr qualifizieren kann, noch vor Zypern, Malta, Luxemburg oder San Marino.

Warum aber reisen immer so viele Anhänger dem Team hinterher, warum bedarf es eines Punktesystems, um an Auswärtskarten für ein Spiel der Tartan Army zu kommen? Wer schon mal in den Genuss eines Spiels der Bravehearts kommen durfte, wird es evtl. teilweise beantworten können. Es ist nicht unbedingt der verzaubernde Fußball, es ist nicht die Spielkultur, und die Anhänger der beiden Großvereine (auch wenn die Rangers jetzt nicht in der ersten Liga spielen) gehören auch nicht unbedingt zu den Begleitern des Nationalteams. Ich glaube, es ist der Stolz auf sein Heimatland, der mittlerweile auch zahlreiche Nicht-Schotten ergriffen hat. Und wer die Bilder kennt, wenn die Tartan Army singend und friedlich feiernd durch die Straßen zieht, der denkt auch sofort an unsere Auftritte in Europa in der letzten Saison. Und noch ein Anekdötchen: Da sich die Schotten nicht für die WM in Deutschland qualifizieren konnten, aber bei Trinidad und Tobago ein gewisser Jason Scotland auf dem Platz stand, reisten auch wieder zahlreiche Schotten an, um an der WM teilhaben zu können und den für den schottischen Verein FC St. Johnstone kickenden Spieler zu unterstützen.

Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Scottish Premier League, aber jeder, der ein wenig interessiert ist, wird sich auch mit dem schottischen Fußball bereits auseinander gesetzt haben. Also, was soll ich hier über Celtic oder die Rangers und das Old-Firm schreiben, suchen wir lieber nach ein paar Besonderheiten:

  • Der letzte Meister, der nicht aus Glasgow kam, war der FC Aberdeen 1985.
  • Die Stadion von Dundee FC und Dundee United liegen nur 50m voneinander entfernt.
  • Wenn mich nicht alles täuscht, war Dundee United die erste Mannschaft, die ein UEFA-Pokal-Spiel am Bökelberg gewinnen konnte.
  • Celtic Glasgow konnte 1967 den Europapokal der Landesmeister gewinnen, seitdem heißen sie auch die Löwen von Lissabon. Ich habe nicht bestätigte Berichte gelesen, dass Fans mit dem Auto zum Spiel gefahren und im Siegesrausch nach Hause gereist sind, um dann festzustellen, dass ihr Auto noch immer in Lissabon steht. Könnte uns auch passieren!

Aber dafür bieten wir ja eine Bustour nach Glasgow an, die aktuell aber ausverkauft ist. Also ich freue mich sehr auf das Wochenende in der Stadt an der Clyde, und auch wie bei früheren Besuchen bin ich mir sicher, dass wir mit den Einheimischen zu sehr netten Gesprächen kommen werden, wenn sie denn nicht zu sehr in ihren Dialekt verfallen. Aber ich habe selten ein höflicheres und hilfsbereiteres „Volk“ kennenlernen dürfen als die Schotten.