Erklär‘ mir den Fußball: Heute Ukraine

Geschrieben von Börnie   
Freitag, 8. Juni 2012

Aus gegebenem Anlass ist heute die Betrachtung des Fußballsports im Land des zweiten Gastgebers der Euro 2012 dran, die Ukraine. Auch wenn mit den Klitschko-Brüdern zwei überaus erfolgreiche Profiboxer aus dem Land kommen, ist der Fußball die beliebteste Sportart in dem seit 1991 unabhängigen Land. Die Ukraine verfügt übrigens nach Russland über das flächenmäßig zweitgrößte Staatsgebiet in Europa und ist damit der größte Staat, der ausschließlich in Europa liegt.

Es gilt also ganz andere Strecken zu überwinden als 2008 In den Alpenländern Österreich / Schweiz oder 2004 in Portugal. Zu Sowjetzeiten war es der Verein Dynamo Kiew, welcher den Vereinen aus der Hauptstadt Moskau noch Paroli bieten konnte, 13 Meistertitel zeugen davon. Was aber durchaus keine Unglückszahl für den Verein aus Hauptstadt der Ukraine darstellt, denn es folgten weite 13 Landestitel, der letzte im Jahre 2009.

Die ukrainische Premjer-Liha umfasst zurzeit 16 Mannschaften, die letzten drei Titel sicherte sich Schachtar Donezk, zwei Vereine (Dynamo Kiew und Schachtar Donezk) machen seit der Saison 96/97 die ersten beiden Plätze unter sich aus, weswegen wir sie logischerweise auch ständig im Europapokal sehen. Tabellendritter wurde in den letzten sechs Spielzeiten Metalist Charkiw, außerdem kennen die meisten sehr wahrscheinlich noch Metalurh Donezk, Dnipro Dnipropetrowsk oder Schwarzmeer Odessa, die 1985 im UEFA-Pokal gegen Werder 2:1 gewonnen haben.

Mit der Saison 2005/06 wurde in der Liga ein „Goldenes Spiel“ eingeführt. Wenn die zwei ersten Mannschaften am Saisonende punktgleich sind, wird solch ein „Goldenes Spiel“ zwischen diesen beiden Mannschaften ausgetragen. Gleich in der ersten Saison war solch ein Spiel notwendig; Schachtar Donezk schlug Dynamo Kiew mit 2:1 nach Verlängerung.

Beschäftigen wir uns aber jetzt mit der Nationalmannschaft, den Gelb-Blauen. Trainer ist Oleg Blochin, welchen die älteren von uns noch als durchaus erfolgreichen Spieler bei Dynamo Kiew und der Elf der UdSSR kennen werden. Einer der aktuell bekanntesten Fußballspieler aus der Ukraine ist Andrej Schewtschenko, der nach Stationen in Mailand und Chelsea wieder bei Dynamo Kiew unter Vertrag steht.

Und auch einer der emotionalsten Trainer der Geschichte stammt aus Kiew, der leider im Jahre 2002 verstorbene Walerij Lobanowskyj, nach ihm ist auch das Stadion in Kiew benannt. Unter ihm entwickelten sich nach dem Zerfall der Sowjetunion immer wieder neue Talente, zur Teilnahme an einer Welt- oder Europameisterschaft fehlte jedoch lange das nötige Glück, denn die Mannschaft scheiterte dreimal hintereinander in den Playoffs (gegen Kroatien 1997, gegen Slowenien 1999 und gegen Deutschland 2001).

Der bisher größte Erfolg der jungen ukrainischen Fußballnationalmannschaft war das Erreichen des Viertelfinales bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Bei den folgenden Turnieren 2008 und 2010 musste das Land aber wieder zusehen, von daher ist die Stärke und Qualität des Teams nur sehr schwer einzuschätzen. In der Vorrunde treffen die Ukrainer auf Schweden, Frankreich und England, da heißt es abwarten, was mit dem Heimvorteil alles möglich ist.

Im Gegensatz zur polnischen Elf sind die meisten Spieler bei ukrainischen Vereinen unter Vertrag. Eine Ausnahme dabei ist der Rekordinternationale Anatolij Tymoschtschuk, der bei Vize-Bayern spielt. Und damit kommen wir zu einigen Spielern, die auch in der Bundesliga unterwegs waren. Andrij Woronin aus Odessa kennen wir sicherlich noch alle, auch wenn die Erinnerungen an diesen Spieler nicht unbedingt die allerbesten sind, aktuell kickt er für Dynamo Moskau. Victor Skripnik kennt man auch noch aus seiner Zeit bei Werder Bremen und auch Jurij Maximow spielte einige Zeit an der Weser, aktuell ist er dort als Jugendtrainer beschäftigt.

Auch wenn in den vergangenen Wochen andere Themen aus dem Osteuropäischen Staat für Schlagzeilen gesorgt haben, so wünschen wir den Fußballreisenden während der Euro, dass sie das Land und die Menschen von der besten Seite kennenlernen. Für die meisten wird es der erste Besuch in der Ukraine sein, aber wenn man die Bilder aus Danzig gesehen hat, als die deutsche Nationalelf zum öffentlichen Training aufgelaufen ist, dann kann man sehr zuversichtlich sein, dass auch in der Ukraine wie eigentlich überall in den letzten Jahren bei einem großen Turnier die Fußballbegeisterung und die Stimmung im Land zu einem Selbstläufer wird und für jeden, der dabei war , ein unvergessenes Erlebnis darstellt.