Adventskalender 2020 – Eigentörchen 19
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- Veröffentlicht am 19. Dezember 2020
- Geschrieben von Thomas Ludwig
Eigentörchen zum Advent
Aufkleber Contra Medienhetze
Hinter der Neunzehn kann man nun wahlweise 19 Minuten Schweigen oder 19 Minuten lang mit der Trillerpfeife den gegnerischen Ballbesitz quittieren. Richtig, heute geht es um Fanproteste.
In den bisherigen Adventsgeschichten hatte ich ja schon von „Pro 15:30“ erzählt, als es 2001 um die Spieltagszerstücklung ging. Ebenso von „Sitzen ist für ‘n Arsch“ zum Erhalt der Stehplätze im Jahre 1994.
Angefangen haben die Fanproteste bei uns gegen Ende der 80er Jahre. Am Bökelberg wurden die Zaunanlagen in der Nordkurve umgebaut mit der Idee, mehr Sicherheit ins Stadion zu bringen. Als kreativen Protest blieb allerdings die Nordkurve leer, und ein Fan im Affenkostüm turnte im sogenannten Affenkäfig umher. Außer einer gewissen Aufmerksamkeit hatte die Aktion aber nichts gebracht. Sehr wenig Lobby hatten wir saufenden und raufenden Fußballfans damals. Schlechte Leistung der Mannschaft führte ebenfalls am Bökelberg zu einem leeren Block 16 gegen Eintracht Frankfurt.
In der Saison 1996/97 gab es einen Protestspieltag am Bökelberg, der die Zusammenarbeit zwischen der Borussia und dem FPMG zu dieser Zeit maßgeblich prägte. Gerne erinnern wir uns an den Pokalsieg 1995 zurück. Aber im Erfolg macht man die meisten Fehler, und die damalige Marketingabteilung zeichnete sich diesbezüglich ganz besonders aus: Am Werk waren Ingo Schiller und Thomas Röttgermann. Beide hatte Rolf Rüßmann nach Gladbach geholt. Im Zugwind des Pokalsieges florierte natürlich auch das Fanartikelgeschäft. Allerdings waren die Dinge in den Regalen bei Borussia entweder von schlechter Qualität, zu teuer oder beides. Mehrfach hatten wir Termine mit den beiden Herren, um über angemessene Fanartikel zu sprechen. „Wer nur Käfer fährt, kann sich halt kein Mercedes leisten“ war eine der unvorteilhaften Antworten des Marketings zu dieser Zeit. Aus diesem Grund haben wir übrigens als FPMG entschieden, eigene Fanartikel von Fans – für Fans herzustellen.
Das ganze Missverhältnis spitze sich am 30.11.1996 zum Heimspiel gegen den MSV Duisburg zu. Wir hatten zu einem Protest aufgerufen, bei dem sich die Fans aus der Nordkurve zu Spielbeginn für 5 Minuten umdrehen und schweigen sollen. Die Protagonisten der Borussia waren der Meinung, dass dieser Protest scheitert und sie unterstellten uns nur persönliche Absichten. Ich weiß es noch wie heute: Gemeinsam mit Tower verteilte ich vor Block 14 die Flugblätter. Plötzlich brandete kurz vor Spielbeginn Jubel in der Nordkurve auf. Aber es wurde „nur“ für einen kurzen Moment Bachirou Salou gefeiert, der ehemalige Gladbacher, der inzwischen nach Duisburg gewechselt war.
Mit Spielbeginn drehte sich dann tatsächlich der überwiegende Teil der Nordkurve um, und es war die ersten 5 Minuten still. Der Protest war ein voller Erfolg, denn Rolf Rüssmann verstand auf diese Art und Weise, dass es nur gemeinsam mit uns Fans geht.
Den letzten großen Fanprotest am Bökelberg gab es ebenfalls gegen den MSV Duisburg. Die anhaltende Kritik der Presse an Hans Meyer führte am 19.11.2000 dazu, dass wir aus Protest den Block 16 leer ließen und mit Transparenten „Contra Medienhetze“ füllten. Bekannterweise gab es im Mai 2001 den vielumjubelten Wiederaufstieg mit Hans Meyer. Aber dazu mehr hinter einem anderen Törchen.