Wintertrainingslager: Belek geht immer
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- Erstellt am 19. Januar 2014
- Veröffentlicht am 19. Januar 2014
- Geschrieben von ... dem Schmutz
An dieser prominenten Stelle sei zunächst Dieter Burdenski gedankt. Dies wiederum verdankt er dem hoffentlich korrekt informierten Bordmagazin unseres Reisefliegers und dem dort illustrierten Umstand, dass die Bremer Torwartlegende vor 20 Jahren die ersten Fußballvereine nach Belek lotste. Schon während der ersten Fanreise an die türkische Riviera 2012 ließ sich auch bei spärlich ausgeprägter meteorologischer Vorstellungskraft erahnen, dass dieses Reiseziel bei hinreichendem Sonnenschein hohe Ähnlichkeit mit dem Vorzimmer des Paradieses aufweisen muss.
Für den weiteren Anlauf wurden Fans wie Mannschaft (diese nur eine Hotelanlage weiter) in der zurückliegenden Woche im Überfluss belohnt.
In unseren Reihen erfüllte sich die Buchungsbestätigung „Ultra All Inclusive“ dahingehend, als dass sich in den 140 mit Borussia / FPMG Angereisten und einer unbestimmten Zahl an Selbstbuchern (ca. 100) im Hotel Voyage Belek ein breites Spektrum unserer Fanszene widerspiegelte - viele bekannte Lageristen, aber auch neue Gesichter, die diese Tage wahlweise als pure Entspannung oder hartes Stück Arbeit unter Gleichgesinnten begriffen. Mittlerweile geben sich östlich von Antalya internationale Vereine in ausgezeichneten Hotels die Trainingsplätze in die Hand. So begegnete man dieses Jahr unter anderem authentisch gekleideten Hannoveranern oder Duisburgern, ganz zu schweigen von den Berlin-Karlsruher Verbrüderungsszenen nach dem zweiten Testspiel.
Die drei Spielansetzungen boten ohnehin einen besonderen Rahmen. Die eintreffende schwarz-weiß-grüne Karawane mit über 200 Borussen wurde bspw. auch von den bereits anwesenden Herthanern respektvoll kommentiert. Die Partien gegen Besiktas und St. Gallen wurden von Strom- und Flutlichtausfällen und der bekannt leidenschaftlichen, türkischen Unterstützung begleitet. Dies mag im Falle der in einstelliger Zahl angereisten Schweizer überraschen. Erklärt sich aber durch die im Rücken verbreitete Atmosphäre auf dem unmittelbar angrenzenden Rasenplatz, wo gut 15 Anhänger von Ankaragücü ihre Elf gegen einen kasachischen Gegner ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit unterstützten. Im Rahmen des Aufsehen erregenden Doppelspieltags hatten wir zudem innerhalb weniger Stunden Gelegenheit die bereits wiederholt attestierte Breite unseres Kaders im Spiel zu studieren, wobei uns die fünf gecharterten Busse bequem von Spielort zu Spielort kutschierten.
Das Trainingsgelände ermöglichte hingegen den geschlossenen Anmarsch, wenngleich die bauliche Struktur der benachbarten Hotelanlage die eigentliche Distanz in Teilen konterkarierte. Gottlob entpuppten sich die traurigen Dinosaurier am Wegesrand dabei als leicht passierbare, da weniger animalische, denn animierte Botschafter einer fußballlosen Zeit. Das Trainingsgelände bot als großen Pluspunkt eine vergleichsweise komfortable Tribüne, die allerdings wie der Rest des Platzes durch einen meterhohen Maschendrahtzaun abgeschirmt war (ein Schelm, wer diesen als sinnbildlich für die reduzierten Osmosemöglichkeiten der sportlich erfolgreichen Neuzeit interpretiert).
Durchaus als offene Liebeserklärung mag verstanden sein, dass das Hotel bei dieser Wetterlage seine ganze Qualität offenbarte, weiterhin komplettiert durch ein auffallend aufmerksames und freundliches Personal. Die makellos gepflegte, weitläufige Anlage ist dabei interessanterweise mit Skulpturen aus dem anatolisch-anatomischen Frivolitätenkabinett gespickt (beobachtete Ähnlichkeiten von eher dem Komasutra angelehnten Haltungen und handelnden Personen seien dem Zufall geschuldet).
„Eis bzw. Suppe geht immer“ beschreibt nicht nur kulinarische Speisenweisheiten dieser Tage, sondern vielmehr die nahezu rund um die Uhr angebotenen Mahlzeiten in Restaurants und Bistros (darunter aufwendige Buffets mit fließender Grenze zwischen Speise und Dekoration). Dass dabei neben dem Auge auch das Zwerchfell mitaß, war erneut den aufkommenden Etikettenschwindelgefühlen zu verdanken. Ungekrönte, diesjährige Spitzenreiter: „Die Türkei auf Aufsteckspindeln“ und „Sehr scharfer Nationalstandard-Salziger Käse eingewickelt im Ziegenfell“.
Derweil oszillierte das Geschehen zwischen dem FanHaus (Lobby Bar) und der Beach Bar. Wer hier den kategorischen Imbierativ zur Handlungsmaxime erhob, mag schnell in die Fänge des organisierten Erbrechens geraten sein. Die einzigen, zu vernehmenden Kritikpunkte – bei ungünstiger Zimmerlage lief man Gefahr Opfer der winterlichen Renovierungsmaßnahmen zu werden. Und bei ungünstiger Haarlänge enttäuschten die im Bad installierten Föne, die vermutlich in den 80er Jahren auf dem Rücken der Ghostbusters weitaus effektiver bei der Rettung der Welt, als bei der heutiger Frisuren halfen.
Als abschließender Erkenntnisgewinn einer exzellenten Woche sei festgehalten - Gladbach hat kein Anatolproblem. Und die eigene Schieflage in der „Ritterbar“ macht sich zwei Jahre später nicht allein, aber unverändert auch an jener der Goldenen Schallplatten fest.