Todesgruppe D
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- Veröffentlicht am 09. Juni 2014
Die Umschreibung "Todesgruppe" kann man mögen oder nicht - selten wohl traf das Gemeinte mehr zu als auf die Gruppe D, in der sich Italien, England, Uruguay und dazu noch Außenseiter Costa Rica um die zwei Achtelfinalplätze streiten. Damit muss mindestens ein Team, das zum erweiterten Favoritenkreis gerechnet werden kann, bereits nach der Vorrunde die Heimreise antreten. Das verspricht pure Dramatik…
An das letzte Aufeinandertreffen mit Italien haben wir Deutsche zwei schlechte Erinnerungen: Jogi Löws vergeigte Startaufstellung und… Mario Balotelli, der bei der Euro vor zwei Jahren Deutschlands Finalträume im Alleingang pulverisierte. An der Seria A, in der auch Balotelli spielt, dürften die meisten Borussen ansonsten wohl eher nur mäßiges Interesse haben. Manipulationsskandale und überschuldete Vereine haben Italiens Fußballimage ordentlich ramponiert. Große europäische (Vereins-)Titel gingen in den letzten Jahren nicht an den Apennin, wovon mit dem vierten Champions League-Platz vor allem auch Deutschland profitierte. Abgesehen von Balotelli sucht man deshalb in der Squadra Azzura nach echten Superstars vergeblich. Italien ist und bleibt aber eine Turniermannschaft, der zum Leidwesen der meisten deutschen Fußballfans fast immer alles zuzutrauen ist.
Wenn es bei Länderspielen Derbys gäbe, das Duell Deutschland - England wäre sicher eins. Was für uns Borussen der 1. FC K*** ist, ist für Deutsche England. Nie ansonsten ist siegen schöner als gegen die Männer von Mutterland des Fußballs, und nirgendwo anders werden Niederlagen gegen Deutschland so schön zelebriert wie auf der Insel.
Frei nach dem Motto „die Geister, die ich rief“ wurden die großen Premier League-Vereine dank ausländischer Milliarden kräftig hochgerüstet mit ausländischen Topstars. Das Engagement der Scheichs und Oligarchen ließ heimischen Talenten allerdings kaum noch Entwicklungsspielraum. Die Folge: Englands Nationalmannschaft war im Mittelmaß angekommen. Für die Euro 2008 in Österreich und der Schweiz war England nicht einmal qualifiziert, die WM 2010 in Südafrika beendete man schon im Achtelfinale, bei der Euro vor zwei Jahren in Polen und der Ukraine wurde zumindest auch die Vorrunde überstanden. Alles in allem und gemessen an den eigenen Ansprüchen viel zu wenig. Immerhin überstand die Mannschaft von Team Manager Roy Hodgson die WM-Qualifikation ohne Niederlage, für den englischen Fußballfan gleich wieder Anlass, von Höherem zu träumen. Bleibt abzuwarten, was die Three Lions aus Südamerika mitbringen werden…Uruguay könnte für die beiden Europäer der Gruppe D ein echter Prüfstein sein. Die Südamerikaner rangieren in der aktuellen FIFA-Weltrangliste auf Platz 7, Italien ist 9ter, England 10ter. Da dies bei der Auslosung der Vorrundengruppen ähnlich war, waren die Letztgenannten im Gegensatz zu Uruguay nicht gesetzt, wodurch die „Todesgruppe“ überhaupt erst möglich wurde.
Der Großteil der Celestes (= die Himmelblauen) verdient seine Brötchen in Europa, allen voran das Trio Diego Godin, Cristian Rodriguez und Jose Gimenez, das mit Atletico Madrid jüngst erst in der Verlängerung des Champions League-Finales gegen den Stadtrivalen unterlegen war. Luiz Suares spielte mit dem FC Liverpool bis zum Schluss um die Meisterschaft in der Premier League mit, und nicht zu vergessen sicher auch Altstar Diego Forlan, der bei Cerezo Osaka seine Karriere gut bezahlt in Japan ausklingen lässt. In der Bundesliga sucht man nach den Uruguayos vergeblich.
Aufgrund starker Konkurrenz belegte Uruguay in der Südamerika-Qualifikationsgruppe lediglich Platz 5 und musste deshalb in die interkontinentale Relegation. Jordanien stellte jedoch keine nennenswerte Hürde dar. Dem 5:0 Auswärtssieg folgte ein 0:0 in der Heimat, Der zweimalige Weltmeister (1930/50) nimmt zum elften Mal an einer Fußballweltmeisterschaft teil.Während sich in der WM-Vorrundenberichterstattung alles auf die drei Großen der Gruppe fokussiert, fristet Costa Rica medientechnisch ein Schattendasein. Außer im eigenen Land wird der CONCACAF-Vertreter (FIFA-Weltranglistenplatz 28) kaum wahrgenommen. Auch uns Borussen dürfte der Kader kaum bekannt sein. Immerhin findet man mit Júnior Díaz (FSV Mainz 05) einen Bundesligaspieler in den Reihen der Los Ticos. Der Rest des Kaders ist für uns Europäer, ohne dass das despektierlich klingen soll, ein Team von Nobodys, das quer über den Globus verteilt seine Brötchen verdient.
Nach insgesamt zwei Qualifikationsrunden, die das Land zu spielen hatte, war Costa Rica automatisch für die WM in Brasilien qualifiziert und nimmt damit zum insgesamt vierten Mal an einer Endrunde teil. Aufgrund der Konkurrenz in Gruppe D käme das Überstehen der Vorrunde allerdings einer Sensation gleich.
Die Gruppe D trägt ihre Spiele in Fortaleza, Manaus, São Paulo, Recife, Natal, Belo Horizonto aus. Auch diese Gruppe muss sich erheblichen Reisestrapazen aussetzen. Besonders heftig ist es für die Engländer und Italiener, die ihr Spiel in Manaus austragen, wo besonders hohe Temperaturen und aufgrund der Lage mitten im Amazonasgebiet besonders hohe Luftfeuchtigkeit herrschen.
Den Spielplan der Gruppe D findet Ihr z.B. hier.