Das Schönste zum Schluss!

Stoerte WMLeider konnte ich mich nicht wie versprochen aus Rio melden, da unser Hostel nicht über das nötige Equipment verfügt hat, um das möglich zu machen. Dies war auch der einzige negative Punkt an Rio, dazu aber gleich mehr. Nachdem man die ersten Tage in Porto Alegre gut herum bekommen hatte, stand das Achtelfinale gegen Algerien auf dem Plan. Durch die Anstoßzeit 17.00 Uhr war es uns endlich mal möglich, uns mit einigen Bieren auf das Spiel einzustimmen.

 

Wir fuhren gleich nach dem Frühstück in die Stadt und suchten uns in einem uns empfohlenen Viertel ein Lokal. Bei leckerem Essen, Skol und Fußball im TV verging die Zeit wie im Flug und per Taxi ging es dann Richtung Stadion. Dort angekommen stellte man fest, dass hier im Süden die Sicherheitsbestimmungen anders interprediert wurden, als es im Norden der Fall gewesen ist. Brauchte man in der Vorrunde seine Karte erst am Drehkreuz, um ins Stadion zu kommen. musste man sie in Porto Alegre und Rio schon vorher den strengen Blicken des Militärs vorzeigen. Am Stadion, an dem wir etwas spät ankamen (warum nur *gg*), wurden die Schlangen an den Kontrollen mit viel Erfahrung aus dem Fanleben problemlos umgangen und dadurch war man noch pünktlich auf seinen Plätzen. Ähnlich wie in Deutschland erwartete eigentlich jeder im mit gut 7000 Leuten gefüllten deutschen Block eine klare Angelegenheit gegen die Nordafrikaner aus Algerien.

 

Gut 1000 Algerier, die sich auf 2 Blöcke aufteilten und ab und an sogar akustisch zu vernehmen waren, unterstützen ihr Team, welches vor 42.000 Zuschauern eine sehr gute Leistung ablieferte und sich erst als die Kräfte nachließen der deutschen Mannschaft geschlagen geben musste. Das Weiterkommen war in meinen Augen niemals ernsthaft in Gefahr und ich bin da bei Thomas Müller, dass Deutschland wohl die einzige Fußballnation ist, wo man sich nach einem Viertelfinaleinzug rechtfertigen muss. Natürlich haben wir nicht gut gespielts aber am Ende zählt nur das Viertelfinale. Die Stimmung im Block war ähnlich wie in der Vorrunde, für die Masse an Neckermännern ok, aber nichts Besonderes. Auffällig war heute, dass sich extrem viele Deutschland-Fans verkleidet hatten wie zu Karneval, ich kann nicht verstehen, dass man sich für eventuelle 2 Sekunden im TV so zum Otto machen kann. Mit Fankultur hat das überhaupt nichts zu tun, wenn ich von Kopf bis Fuss "geschmückt" bin. Auch sind immer mehr Vereinsdinge wie Schals und Fahnen im Block zu sehen, Mädels und Jungs, es geht hier um die deutsche Nationalmannschaft, da kann man seine Union-Berlin-Fahne oder seinen KSC-Schal im Koffer lassen!

 

Aber genug vom Thema abgekommen, was euch vielleich auch am TV aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass die brasilanischen Stadionbesucher eigentlich immer gegen uns gewesen sind. Wir hatten beim Ghana-Spiel sogar Brasilianer im Deutschand-Trikot neben uns, die bei den Toren für Ghana gejubelt haben! Der Grund ist einfach wie plausibel: Sie haben einfach Angst vor uns. In der Halbzeit beim Viertelfinale gegen Frankreich hatte ich ein gutes Gespräch mit einem Brasilianer, der längere Zeit in Hamburg gelebt hat und der bestätigte mir unsere Vermutung nochmal.

 

Nach dem Spiel traf man sich mit den gebeutelten Fahnenjungs von Pinkis und Brachelen noch auf einige Bier und dann war der Spieltag schon Geschichte. Die nächsten beiden Tage verbrachte man mit schauen der letzten beiden Achtelfinalespiele bei einem gepflegten Kneipentag und als Kontrast mit Kultur pur, als man einen Nationalpark in der Umgebung von Porto Alegre besuchte, wo wir u.a mit Tretbooten das Gewässer unsicher machten.

 

Nun stand also Rio an, eine Stadt, über die man schon viel gelesen, gehört und gesehen hat. Leider hatten wir inklusive Spieltag nur drei Tage in Rio, aber ich denke, wir haben fast alles gesehen, was man sehen muss und es fallen mir wenige Städte ein, die die Ausstrahlung und den Charme Rios haben. Zuckerhut, Jesus-Statue und Copacabana, man kann mit Worten nicht beschreiben, wie schön diese Stadt ist. Ich kann nur jedem raten, wenn es irgendwie möglich ist, diese Stadt einmal zu besuchen. Unser Hostel lag direkt am zentralen Busbahnhof, und so fuhren wir z. B. zum Zuckerhut mit dem Bus. Für keine 40 Cent Fahrpreis bekamen wir eine Stadtrundfahrt, die kein "Hopp on, Hopp off" Unternehmen besser hinbekommen hätte.

 

Der Mythos Maracana war ums Stadion schon greifbar, aber der Umbau für die WM hat wohl viel kaputt gemacht. Aus unser Reisegruppe war nur Nici schon mal im Stadion und nach ihren Aussagen ist vom "alten Maracana" wenig übrig geblieben. Das Stadion ist imposant und schön, aber irgendwie hat man es sich anders vorgestellt. Anders als viele Besucher des Viertelfinalsspieles Deutschland - Frankreich hielten wir uns von den "Bars" vom WM-Biersponsor fern und fanden 200m hinter dem Stadion am Anfang der ersten Favela, die dem Stadionumbau nicht zum Opfer gefallen war, eine Art Kneipe, wo wir uns vor und nach dem Spiel niedergelassen haben. Wir verfolgten am Abend hier auch das Spiel der Brasilianer, und es war sehr interessant, besonders die weiblichen Fans dabei zu beobachten. Schade finde ich es, dass wir die einzigen Besucher des Spiels waren, die sich in diesem Lokal niedergelassen haben.

 

Die Gastfreundschaft trotz Verständigungsprobleme und dem großen Graben, der sozial zwischen uns lag, war riesig, unter anderem stellte man uns Essen auf den Tisch, Hähnchen mit Reis und eine Art Gyros, was uns nicht berechnet worden ist. Für die Inhaberin war es völlig normal, dass wir als ihre Gäste am Essen der Gemeinschaft teilnehmen und unsere Abschlussrechnung für 7 Personen war der Rede kaum wert, was wir aber durch ein gutes Trinkgeld etwas versuchten wettzumachen. Dies sind diese Orte und Erlebnisse, die eine WM ausmachen und die man als "Neckermann" nie erleben wird. Die Begeisterung für den Fußball und ihre Nationalmannschaft so zu erleben, trotz dem Unrecht, was teilweise vor ihrer Haustür geschehen ist, werde ich mein Leben nicht vergessen. In der Halbzeit des Brasilien-Spieles gingen Frieda und ich in die Favela, um uns ein noch genaueres Bild von den Lebensumständen der Menschen zu machen und auch hier wurden wir freudestrahlend empfangen. Auf weitere Einzelheiten und Bilder werde ich aus Respekt vor den Einwohnern verzichten, ich hoffe, Ihr könnt das verstehen, wer Interesse hat, kann mich gerne bei Gelegenheit darauf ansprechen.

 

Beim Spiel denke ich, dass etwa 8000 Deutschlandfans/Sympathisanten anwesend gewesen sind, die Franzosen, die noch nie als Länderspielfahrer bekannt gewesen sind, hatten etwa 5% von unserem Block vor Ort. Da der Rest des Stadions ihnen aber komplett den Rücken stärkte, fehlte es ihnen nicht an Unterstützung. Durch ein Kopfballtor von Hummels, was Ihr sicherlich alle gesehen habt, zogen wir ins Halbfinale ein. Mit dem Abpfiff wurde für fast alle von uns auch unsere WM-Reise abgepfiffen, bis auf Frieda, der bis zum Ende bleiben wird, ging es für den Rest über Sao Paulo, wo wir einen schönen Abschlussabend mit Zimmerparty erlebten, zurück nach Deutschland, wo wir gestern mit einigen neuen Erfahrungen und Erlebnissen landeten. Ich werde mich noch einmal mit einem Fazit nach dem Finale bei euch melden.

 

Gruß Störte

 

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