Erklär‘ mir den Fußball - heute Italien
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- Veröffentlicht am 02. Juli 2015
Die Deutschen fahren gerne nach Italien in den Urlaub. Die Deutschen lieben Pizza & Pasta bei ihrem Lieblingsitaliener „um die Ecke“. Der italienische Fußball indes ist nördlich der Alpen eher verhasst. Zu sehr ist der gefürchtete Catenaccio, vom Volksmund häufig zum „Rumpelfußball“ degradiert, noch im kollektiven deutschen Fußballgedächtnis verhaftet. Mit Roberto Boninsegna verbindet gerade uns Borussen ein geradezu traumatisches Erlebnis. Das Wort „Rache“ wird im Fußball gerne bemüht. Mit den Interisti steht diese seit 1971 noch aus.
Manche Länderspiele elektrisieren die Massen. Dazu gehören die Aufeinandertreffen mit den Three Lions genauso wie die mit unseren Nachbarn in Oranje. Begegnungen gegen Italien spielen auch in dieser Liga. Im Gegensatz zu den beiden Erstgenannten, gegen die sich bei Großturnieren Erfolg an Erfolg reiht, steht Deutschland gegen keine andere Ländermannschaft so schlecht da wie gegen Italien. Sieben Mal kam es im Laufe der Jahre bei Großturnieren zu Aufeinandertreffen von Azurblau gegen Schwarzrotgold. Kein einziges Mal verließ dabei Deutschland als Sieger den Platz. Die Bilanz für deutsche Vereinsmannschaften in den verschiedenen europäischen Wettbewerben sieht auch nicht viel besser aus. Wenigstens konnte die Bundesliga in den letzten Jahren der Serie A den vierten Champions League-Platz streitig machen.
Italien kann nicht nur Hütchenspiele, Italien kann auch handfeste Fußballskandale. Immer wieder erschütterten verschobene Spiele den italienischen Fußball nachhaltig. Jüngstes Beispiel hierfür ist Juventus Turin, das wegen „strukturierten Sportbetrugs“ in der Saison 2005/06 in die Serie B zwangsabsteigen musste, jedoch direkt wieder aufstieg und die gerade zu Ende gegangene Saison nicht nur zum vierten Mal in Folge als italienischer Meister beendete, Juve wurde auch italienischer Pokalsieger und erreichte das Champions League-Finale.
Die Bianconeri (Schwarzweißen) aus dem Norden Italiens sind mit ihrer insgesamt 30. Meisterschaft mit großem Abstand Rekordmeister der Serie A, Italiens wichtigster Profiliga. Ähnlich wie in den meisten anderen europäischen Spitzenligen (außer Deutschland) spielen in der Serie A (korrekter Name: Lega Nazionale Professionisti Serie A TIM) 20 Vereine, von denen drei in die Champions League (2x direkt, 1x Playoff) und zwei weitere in die Europa League einziehen. In der Gruppenphase der Champions League kann die Borussia neben dem Meister Juve auf AS Rom treffen, das als Vizemeister bereits direkt qualifiziert ist. Der zweite große Verein aus Rom kann sich über die Playoffs für die Gruppenphase qualifizieren. Theoretisch wäre also auch ein erneutes Aufeinandertreffen mit Lazio möglich, da ist ja noch eine Rechnung offen...
Hinter Juve folgen Inter und AC Mailand (je 18 Meisterschaften) als weitere Rekordtitelträger in der Serie A. Allein hieran lässt sich bereits das Nord-Süd-Gefälle im italienischen Fußball erkennen. Der tendenziell strukturschwache Süden Italiens spielt auch im Fußball nur eine untergeordnete Rolle. Seit 1945 ging die Meisterschaft nur neun Mal nicht in den Norden. Auch die damals viel beachtete Verpflichtung von Diego Armando Maradona führte letztlich nur zu einer kurzen Episode südlicher Dominanz. Immerhin wurde der SSC Neapel aber 1987 und 1990 italienischer Meister.
Hauptspieltag in der Serie A ist der Sonntag, was für viele Italiener der einzige freie Tag in der Woche ist. Dies dürfte einer der Gründe für das vergleichsweise geringe Zuschauerinteresse sein. Gerade einmal 22.500 Zuschauer wollten in der Saison 2014/15 im Durchschnitt ein Spiel der Serie A live im Stadion sehen (Bundesliga 43.500). Weitere Gründe für den Zuschauerschwund sind die veralteten Stadien sowie vergleichsweise hohe Ticketpreise.
Die letzten drei Teams steigen aus der Serie A direkt in die Serie B ab, zweithöchste Spielklasse in Italien. Hier spielen sogar 22 Vereine. Meister und Vizemeister steigen direkt in die Serie A auf. Die Plätze 3-6 spielen in einem Playoff-Turnier den dritten Aufsteiger aus. Die letzten drei Vereine sowie der Viert- und Fünfletzte, die den vierten Abstiegsplatz per „Play-out“ ausspielen, steigen in die Lega Pro ab, die die dritthöchste italienische Profiliga darstellt. Die Lega Pro ist in zwei Divisionen aufgeteilt, wodurch Italien beim Drittligafußball grob in Nord und Süd geteilt wird.
Bei der Coppa Italia, dem italienischen Pokalwettbewerb sind die Teams aus der Serie A privilegiert. Die Vereine auf den Plätzen 9-20 steigen erst in der dritten Runde in den Wettbewerb ein, wenn die meisten unterklassigen Teams bereits ausgeschieden sind. Die Teams auf den Plätzen 1-8 nehmen gar erst ab dem Achtelfinale teil. Dabei haben sämtliche Vereine aus der Serie A zunächst auf jeden Fall Heimrecht. Das Finale wird immer im Olympiastadion in Rom ausgetragen, in dem wir ja auch schon spielen durften. Rekordpokalsieger ist ebenfalls Juve (10 Titel) vor dem AS Rom (9) und Inter Mailand (7).